Der Abschleppunternehmer und der „Maschendrahtzaun“

Jul 25, 2012 | Verkehrsrecht

Die Fahrzeugeigentümerin möchte einen Schaden erstattet haben, der von einem Abschleppunternehmer verursacht wurde.

Fahrzeugführer war der Sohn, der bei eisglatter Straße von selbiger abkam und in eine Grundstücksbegrenzung,  (wieder einmal) ein Maschendrahtzaun,  hinein rutschte. Der PKW wurde dabei zwar auch beschädigt, jedoch entstanden dann weitere Schäden beim Anheben und Bergen des Fahrzeuges. Auf Bitten des Sohnes der Mandantin rief die Polizei den Abschleppunternehmer, der dann wiederum seinerseits mit der Mandantin noch einen separaten Abschleppauftrag unterzeichnete.

Nachdem außergerichtliche Verhandlungen über die Schadenregulierung mit dem Versicherer vom Abschleppunternehmer scheiterten, wird durch Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht Pfuhl-Schubert Klage erhoben. Nach längerer Verfahrensdauer erster Instanz hat das Gericht der Mandantin Schadenersatz zugesprochen. Es wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt, in dem der Gutachter u. a. ausgeführt hat, dass diese Art der Bergung ein Risiko enthalte; eine andere Abbergung auch möglich gewesen wäre. Der Abschleppunternehmer hat behauptet, man hätte das Fahrzeug nicht zunächst vom Zaun wegziehen und dann fahrzeugschonender abbergen können, weil selbiges im Maschendrahtzaun festgesessen hätte und der Maschendrahtzaun nicht zu lösen war, jedenfalls nicht zerstörungsfrei.

Hierauf stellt der Gutachter allerdings fest, dass zunächst durch Lösen der Spannschlösser der  Spanndrähte am Maschendrahtzaun und durch sogenanntes Aufdrillen („Aufdröseln“) der Draht-Halteschlaufen, mit denen der Zaun am Zaunpfahl festgemacht war, selbiger beschädigungslos hätte abgebaut werden können. Dies will der Abschleppunternehmer  nicht auf sich sitzen lassen, weswegen Berufung eingelegt und engagiert begründet wird.

Es wird u. a. jetzt gerügt, dass die Polizei den Abschleppauftrag erteilt hätte, demzufolge hoheitliches Handeln vorläge und überhaupt kein Anspruch gegenüber dem Abschleppunternehmer bestünde. Ferner wird neben den bereits erstinstanzlich wiederholten Argumenten noch ausdrücklich gerügt, dass der Gutachter zwar ein Kfz-Sachverständiger, aber somit nicht fachkundig bei Zaunkonstruktionen sei. Jedenfalls habe das Erstgericht es rechtsfehlerhaft unterlassen, den Gutachter zu laden und ihn im Rahmen einer mündlichen Verhandlung seine Ausführungen nochmals erklären und erläutern zu lassen.

In der Berufungsverhandlung wird dies durch den Rechtsanwalt nochmals ganz ausführlich dargestellt und die Meinung vertreten, dass ein Abbauen beschädigungsfrei eben nicht möglich gewesen sei: Man hätte noch nicht einmal die sogenannten Spannschlösser, die zum Spannen der Maschendrahtdrähte dienen, mit dem üblichen vom Abschleppunternehmer mitgeführten Werkzeug lösen können. Dagegen hatte aber der Gutachter hat schon erstinstanzlich ausgeführt, dass hierzu ein einfacher Vierkantschlüssel genügt.  Im übrigen könne dem Abschleppunternehmer in derartigen Situationen keine Abwägung zugemutet werden, eigenständig zu entscheiden, ob der durch das Anheben des Fahrzeuges, wie erfolgt, möglicherweise ausgelöste Schaden denn größer sei, als der durch ein Zerschneiden eines Stücks Maschendrahtzauns verursachte.

Dem wollte das Berufungsgericht so nicht folgen und hat die Meinung vertreten, dass der Gutachter schlüssig dargelegt hat, dass der Maschendrahtzaun problemlos hätte entfernt und ein materialschonender Abbergeversuch hätte unternommen werden können. Und selbst wenn nicht, ein Schaden, der hier in Höhe von nahezu 2.000,00 € entstanden ist, würde in keinem Verhältnis dazu stehen, den Maschendrahtzaun gegebenenfalls aufzutrennen und dann zu entfernen. Die Tätigkeit eines Abschleppunternehmers sei nun einmal „gefahrgeneigt“, und wenn so etwas passiere, dann müsse eben der Abschleppende dafür geradestehen.

Außerdem hätte hier mitnichten Polizeitätigkeit vorgelegen, wie sich auch schon aus dem in der Akte enthaltenen schriftlich dokumentierten Wunsch des Sohnes der Klägerin und Mandantin ergeben würde.

Der Mandantin wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch vom Berufungsgericht der begehrte Schadenersatz dem Grunde nach zugesprochen. Es wächst zumindest die Erkenntnis, dass nach wie vor Maschendrahtzäune – und dies nicht nur im Vogtland – Objekt umfangreicher Auseinandersetzungen und mehrjähriger Rechtsstreitigkeiten im Verkehrsrecht sein können.

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