Wir dürfen an die prozessuale Wahrheitspflicht erinnern

Aug 8, 2013 | Arbeitsrecht

Diesen Satz über die Wahrheitspflicht bekommt man hin und wieder in Anwaltsschreiben zu lesen. Anwälte kennen den § 138 ZPO über die Wahrheitspflicht. Weshalb erinnern sie sich dann gegenseitig daran?

Ein Arbeitnehmer erhielt während einer Erkrankung seine Arbeitspapiere zugesandt. Keine Kündigung, nur die Meldung fürs Arbeitsamt, Lohnsteuerbescheinigung, Abmeldung bei der SV. So konnte er sehen, dass er irgendwann gekündigt worden war. Er wandte sich an uns.

Also schrieben wir den Arbeitgeber an und fragten nach. Nun wird behauptet, die Kündigung wäre ihm per Einschreiben zugegangen. Rückfrage beim Arbeitnehmer: Er sagt, er hätte keine bekommen. Nur die Arbeitspapiere. Und das hätte ihn schon gewundert. Zumal er etliche Jahre in der Firma war.

Das wurde dem Arbeitgeber bzw. seinem Rechtsvertreter mitgeteilt. Nach der erneuten Mitteilung, die Kündigung wäre zugesandt worden folgt prompt, dass eine Klage anheim gestellt wird. Gut, dann muss die Frage auf dem Rechtsweg geklärt werden.

Und als letztes folgt der Satz über die Wahrheitspflicht. Wozu? Wenn er den Zugang der Kündigung nachweisen kann, muss der Arbeitnehmer gar nichts sagen, demzufolge auch nichts falsches. Wenn der Arbeitgeber den Zugang nicht nachweisen kann, ist das doch wohl eher eine Einschüchterung, als eine Erinnerung. Es wird also das Gericht entscheiden müssen, ob eine Kündigung zugegangen ist.

Ihre R24 Anwälte