Gibt es Urteile mit unterschiedlicher Rechtskraft?
Die Gegenseite klagt diverse Forderungen ein, einen Teil vor dem Amtgericht (296 EUR), den Rest mit etwas über 10.000 EUR vor dem Landgericht. Es war kompliziert. Der ursprüngliche Anspruch gehörte einer GbR. Dann wurde einer der Gesellschafter zum Betreuungsfall. Dann wurde der Anspruch der GbR über Betreuer und Gegenbetreuer an ihn abgetreten.
Das Amtsgericht entschied nun, dass es an der Aktivlegitimation fehlte. Weil der Betreuer für den Betreuten einmal für die GbR und einmal für die Einzelperson auftrat, also ein Insichgeschäft im Sinne des § 181 BGB führte. Und dazu fehlte dem Betreuer die Befreiung von der Vorschrift. Das Urteil ist wegen des geringen Streitwerts sofort rechtskräftig, weil nicht berufungsfähig.
Nun war Verhandlung am Landgericht. Und dem war natürlich das rechtskräftige Urteil zur Kenntnis gegeben worden. In der Verhandlung äußerte sich dann der Richter dazu:
„Naja, das Urteil ist ja nicht wirklich rechtskräftig. Also, es gab ja kein Rechtsmittel wegen des geringen Streitwerts. Also so richtige Rechtskraft ist das eben nicht.“ Also gibt es scheinbar Urteile mit unterschiedlicher Rechtskraft.
Bevor sich die Gegenseite aber freuen konnte, teilte der Richter milde lächelnd mit, dass er dennoch die gleiche Auffassung vertrete. Und er empfahl eine Einigung zu maximal einem Drittel der Forderung.
Den Mandanten hat’s gefreut. Und es war ihm egal, ob das Urteil des Amtsgerichtes nun richtig oder falsch rechtskräftig war.
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