Schadenersatz verlangen? Vom Staat? In einem Verfahren im Strafrecht sagt ein Zeuge aus, das steht im Widerspruch zu anderen Aussagen. Der Richter wertet und läßt die Aussage nicht gelten. Er meint aber, dass es durchaus so gewesen sein könne, wie der Zeuge vorträgt, aber der Zeuge könne sich im Datum geirrt haben.
Später wird der Zeuge angeklagt wegen uneidlicher Falschaussage. Der Staatsanwalt benennt die anderen Zeugen und den Richter aus der vorangegangenen Verhandlung als Zeugen. Es wird Termin für die Hauptverhandlung angesetzt.
Der Richter regt gegenüber Rechtsanwalt und Ankläger an, ob sich die Parteien nicht auf eine Einstellung verständigen könnten. Darauf der Staatsanwalt: „Naja, haben Sie mal eine Strafprozessordnung? Ich muss da mal nachschauen, ob Sie überhaupt Richter sein dürfen, wenn Sie Zeuge sind.“ Der Richter reicht ihm eine und meint, wenn der Herr Staatsanwalt unbedingt möge, müsse wohl ein anderer Richter gesucht werden.
Und siehe, der Staatsanwalt findet die Stelle: § 22 Zif. 5 StPO: Der Richter ist ausgeschlossen, wenn er als Zeuge vernommen ist. Er war bisher noch nicht gehört worden. Der Staatsanwalt besteht aber darauf, also hat sich der Termin schon erledigt. Denn eine Einstellung kam für ihn überhaupt nicht in Frage.
Alle Beteiligten, Rechtsanwalt, Angeklagter, Richter, Staatsanwalt, trafen sich einmal umsonst. Von wem kann man nun Schadenersatz verlangen? Wenn der Staatsanwalt nicht in der Lage ist, dem Angeklagten Vorsatz nachzuweisen, trägt der Steuerzahler die Kosten. Und da nun dem Staatsanwalt erst in der Verhandlung auffiel, dass der Richter sein Zeuge sein soll, entstehen demnächst durch neuen Termin weitere Kosten. Und selbst wenn der Angeklagte verurteilt wird, sind ihm ja dann die höheren Kosten entstanden. Von einem Rechtsanwalt würde man sofort Schadenersatz verlangen. Aber von einem Staatsanwalt?
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