In einem Arbeitsgerichtsverfahren klagte der Arbeitnehmer wegen Bezahlung von Überstunden. Er behauptete, jeden Tag mindestens ein bis zwei Überstunden gemacht zu haben und wollte dann für einige Monate eine entsprechend hohe Nachzahlung von seinem ehemaligen Arbeit-geber für angebliche Überstunden.
Auch im Arbeitsrecht ist es so, dass Derjenige zu beweisen hat, der behauptet. Einfach eine Liste mit Überstunden zu schreiben, aus der sich die angebliche Mehrarbeit ergibt, ist kein Beweis. Es ist in der Regel sehr schwierig für Arbeitnehmer, ihre Überstunden nachzuweisen.
Nicht jedoch bei einer Richterin im Arbeitsrecht. Sie unterstellte dem Arbeitgeber nicht nur, dass die Überstunden tatsächlich angefallen wären. Gleichzeitig würde sich ergeben, dass bei der Anzahl von Überstunden pro Monat der Mindestlohn nicht eingehalten worden wäre. Die Richterin schlug sodann einen Vergleichsbetrag vor, der jenseits von Gut und Böse war. Als der Arbeitgeber diesen sofort ablehnte, bekam er von der Richterin Folgendes zu hören:
„Sie sollten sich das gut überlegen, ob Sie es drauf ankommen lassen wollen. Schließlich würden Sie hier möglicherweise wegen der Überstunden die Vorschriften zum Mindestlohn nicht erfüllen. Das könnte Ihnen eine Menge Ärger beim Hauptzollamt einbringen.“
Starker Tobak von einer Richterin.
Sie schien jedoch sofort bemerkt zu haben, dass das wohl etwas grob war. Deshalb fügte sie hinzu:
„Das soll jetzt aber keine Drohung sein.“
Richter sind auch nur Menschen. Es ist durchaus verständlich, dass Richter sich Zeit und Aufwand ersparen wollen und Vergleiche abschließen möchten. Ein Vergleich ist meistens ein kurzes Diktat mit drei oder vier Sätzen. Damit ist ein Verfahren beendet. Sollte es zu einer Entscheidung durch Urteil kommen, müsste der Richter sehr ausführlich den Sachverhalt darstellen und auch eine Begründung für seine Entscheidung schreiben. Das ist aufwändig.
Jedoch bei allem Verständnis für die Neigung der Richter, Vergleiche herbeiführen zu wollen, sollten jedoch auch bestimmte Grenzen beachtet werden. Und einer Partei ohne den Anhaltspunkt einer ordentlichen Darlegung und der Ankündigung von Beweisen mit dem Hauptzollamt zu drohen wegen angeblicher Verletzung der Mindestlohnvorschriften ist eher grenzwertig.
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