Es gibt sie, freundliche Richter. In einem finanzgerichtlichen Verfahren wurde zur Verhandlung aufgerufen. Der Richter fragte zunächst, ob ich Steuerberater sei. Als ich zur gleichen Zeit die Robe aus der Tasche holte, fügte er sofort hinzu, seine Frage hätte sich erledigt. Ich teilte ihm mit, dass ich beides sei und ja eigentlich auch ohne Robe sitzen könne. Er meinte daraufhin: „Nein, nein, einmal Anwalt, immer Anwalt.“
Sodann erzählte er aus seinem Referendariat. Hier sei er einmal einem Anwalt begegnet, der seine Robe vergessen habe. Es war ein Strafverfahren. Er meinte es war schon verwirrend. Denn ohne Robe wusste man nicht so genau, wer Angeklagter und wer Anwalt sei.
Allmählich wurde es spannend. Für gewöhnlich sind Richter am Finanzgericht nicht so freundlich. Möglicherweise war er so nett, weil er eine klageabweisende Entscheidung treffen wollte. Voller Spannung wurde also die Verhandlung erwartet.
Überraschenderweise kam es jedoch anders. Der freundliche Richter wies das Finanzamt daraufhin, dass die Schätzung im Rahmen der Betriebsprüfung fehlerhaft war und die Steuerbescheide der betreffenden Jahre wieder aufzuheben sind. Das Finanzamt hat zwar durchaus Befugnis, Schätzungen vorzunehmen, jedoch gibt es dafür auch entsprechende Vorgaben. Die wurden nicht eingehalten. Der freundliche Richter fragte, ob das Finanzamt von sich aus die Bescheide aufheben würde. Der Vertreter meinte, er hätte den Auftrag, ein Urteil abzuholen.
Das gab es dann auch anschließend. Der freundliche Richter meinte, die Verkündung erfolgt am Ende des Sitzungstages. Gleichzeitig teilte er mit, dass der Sitzungstag gerade zu Ende gegangen war. Sofern wir warten wollten, würden wir in 5 Minuten das Urteil hören dürfen. Also standen wir 5 Minuten später auf und nahmen das Urteil zu Gunsten des Mandanten entgegen.
Es war ein angenehmer Verhandlungstag am Finanzgericht.
Ihre R24 Steuerberater