Wie an dieser Stelle dargestellt wurde, ist es natürlich der Richter, der das Protokoll der Zeugenvernehmung erstellt. Gerade im Strafrecht wird dies mitunter kritisch betrachtet.
Hier nur ein Fall aus einer Finanzgerichtsverhandlung: Es ging um die Frage, an was sich der Kläger genau erinnern könne. Er hatte Unterlagen zu seinem Terminkalender nebst Fahrtenbuch vorgelegt, um die Nutzung eines Arbeitszimmers zu belegen. Der Vertreter des Finanzamts meinte, einen Widerspruch zwischen Fahrtenbuch und Kalender gefunden zu haben. Kurz davor war in der Verhandlung ohne Protokollierung besprochen wurde, dass es natürlich schwierig ist, im Jahr 2016 Vorgänge aus dem Jahr 2009 zu diskutieren. Üblicherweise sind detaillierte Angaben nicht mehr so möglich aufgrund des langen Zeitablaufs.
Nach dem Hinweis des Finanzbeamten auf den Widerspruch diktierte der Richter: „Am bestimmten Tag stellte die Beklagte in den Unterlagen des Klägers fest, dass zwischen dem Fahrtenbuch und dem Terminkalender ein Widerspruch besteht.“ Dazu wollte jetzt der Kläger mitteilen, dass er die Unterlagen noch mal einsehen müsse mit dem Versuch, den Widerspruch aufzuklären. Der Richter diktierte jedoch: „Der Kläger gibt zu Protokoll, dass es durchaus möglich sei, dass er hier unrichtige Angaben getätigt haben könnte.“
Starker Tobak. Der Richter wurde darauf hingewiesen, dass der Kläger was ganz anderes gesagt hat. Darauf meinte der Richter, zuvor wäre doch erörtert worden, dass es schwierig ist, nach so langer Zeit noch detaillierte Angaben zu machen. Dennoch hatte der Kläger auf keinen Fall die von dem Richter verwendete Formulierung benutzt.
Das ist ein klassischen Beispiel dafür, dass Formulierungen der Richter etwas völlig anderes zum Ausdruck bringen können, als vielleicht gemeint oder tatsächlich gesagt wurde.
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