Fahrverbot oder Punkte abkaufen?

Zu Fahrverbot oder Punkte werden dem Verkehrsrechtsanwalt immer wieder zwei sicherlich wichtige Fragen gestellt:

  1. Wegen zu lang andauernder Rotlichtphase und zu hoher Geschwindigkeit hat die Bußgeldstelle ein Fahrverbot verhängt. Kann man dieses Fahrverbot durch Bußgelderhöhung quasi wegkaufen?
  2. Im Bußgeldbescheid steht ausgeführt, dass neben dem Bußgeld, welches für den Verkehrsverstoß verhängt wird, auch noch Punkte in Flensburg im Fahreignungsregister eingetragen werden. Kann man hier durch höheres Bußgeld die Punkte zum Fortfall bringen?

Die klare Antwort des Juristen auf beide Fragen: Jein oder Nein.

Fahrverbot oder Punkte ist grundsätzlich in Fällen ausgeschlossen, in denen die gesetzlichen Regelungen die Verhängung eines Fahrverbotes vorsehen (sogenanntes Regelfahrverbot).  Allerdings gibt es ganz erhebliche regionale Unterschiede. Erfahrungen besagen, dass im Bundesland Brandenburg die Chancen dazu eher recht gering sind. In Sachsen beispielsweise besteht ein recht hoher positiver Prozentsatz für Fahrverbot oder Punkte. Grundvoraussetzung ist allerdings ein punktefreies Fahreignungsregister in Flensburg. Geschieht der Verstoß in der „richtigen Region“, und ist das Punkteregister in Flensburg sündenfrei, so funktioniert oft schon die Anfrage des Fachanwalts für Verkehrsrecht bei der Bußgeldstelle, gegen entsprechend erhöhtes Bußgeld ausnahmsweise einmal kein Fahrverbot verhängen zu lassen – gleich verbunden mit der Ankündigung, dass gegen einen solchen Bußgeldbescheid kein Einspruch oder Rechtsmittel eingelegt wird. In solchen Fällen ist die Verwaltungsbehörde (Bußgeldstelle) durchaus geneigt, eine positive Entscheidung bei Fahrverbot oder Punkte zu treffen.

In allen anderen Fällen könnte es durchaus sinnvoll sein, auch hier regional stark unterschiedlich, den Versuch wegen Fahrverbot oder Punkte nochmals beim zuständigen Bußgeldrichter zu starten. Hier gilt auch der Erfahrungssatz, dass der Bußgeldrichter A durchaus geneigt ist, über eine solche Verfahrensweise positiv nachzudenken, Bußgeldrichter B eher weniger.

Jedenfalls gilt grundsätzlich nach Meinung der Oberlandesgerichte Thüringen, Brandenburg und Dresden, dass das Absehen vom Fahrverbot gegen Bußgelderhöhung Ausnahmecharakter hat, und zwar absoluten. Von einer solchen Verfahrensweise kann der Bußgeldrichter eigentlich nur dann mit Erfolg absehen, wenn der Betroffene eine Existenzgefährdung darlegt. Dies wird, wenn der Tempo- oder Verkehrssünder angestellter Arbeitnehmer ist, regelmäßig nahezu unmöglich sein. Und auch bei Unternehmern oder Freiberuflern ist der Bußgeldrichter regelmäßig der Auffassung, dass man für den Zeitraum eines Monats Fahrverbot einen Studenten oder Familienangehörigen als Fahrer beschäftigen könne und auch ein Unternehmer ja auch irgendwann einmal Urlaub machen müsse.

Eine Existenzgefährdung, d. h. also im eigentlichen Sinne der Verlust der materiellen Basis, dürfte in den wenigsten Fällen erfolgreich darzulegen sein. Diese Darlegungen werden im Regelfall dem Betroffenen selbst wegen der hohen Anforderungen nicht gelingen, sondern regelmäßig nur einem Fachanwalt für Verkehrsrecht, der über den notwendigen Erfahrungsschatz und, je nach Richterpersönlichkeit, über die notwendigen Argumente verfügt, das Ziel des Mandanten nachvollziehbar und akzeptabel darzubringen.

Dagegen gibt es keine Möglichkeit, mehr Bußgeld zu bezahlen und sich dafür Punkte zu ersparen. Dies liegt in der gesetzlichen Konstruktion begründet:

Die Punkte sind bereits kraft Gesetzes an den Verkehrsverstoß geknüpft und folgen deshalb einer Entscheidung, die einen Verkehrsverstoß bestätigt, automatisch, egal, ob dies ein Bußgeldbescheid oder ein Urteil eines Bußgeldgerichtes ist. Es ist deswegen auch nicht erforderlich, dass im Urteil ausgesprochen wird, wie viele Punkte in Flensburg eingetragen werden, genauso wenig ist es grundsätzlich erforderlich, dass die Punkte im Bußgeldbescheid stehen. Die meisten Verwaltungsbehörden tun dies allerdings zur näheren Verdeutlichung.

Ob Fahrverbot oder Punkte in einem Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren drohen, ist deswegen, bevor man einen Bußgeldbescheid oder ein Urteil rechtskräftig werden lässt, immer die Einschaltung eines Spezialisten für Verkehrsrecht sehr hilfreich.

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